Ein Tag im Leben... eines Gärtners

Ich stehe um 5 Uhr auf, zünde das Feuer an und bereite das Frühstück für mich, meine Frau Haingo und unsere 5-jährige Tochter Laurentia zu, das wir dann so gegen 6h30 einnehmen. Kurz vor 7 Uhr mache ich mich für die Arbeit fertig, das heisst ich ziehe meinen Overall an. Wir wohnen im Wächterhaus auf dem gleichen Gelände wo sich auch das Haus meiner „Patronne“ und der Garten für dessen Instandhaltung ich angestellt bin, befindet.

Von 7 Uhr bis Mittags erledige ich dann die verschiedenen Arbeiten im Garten und ums Haus, wobei ich mir diese frei einteilen kann. Normalerweise bringe ich um 7h45 meine Tochter mit dem Fahrrad zur Schule, aber dies fällt im Moment weg, weil Ferien sind. In der Regel beginne ich mit dem Reinigen: ich harke das Laub auf dem Rasen zusammen, lese die toten Blätter aus dem kleinen Zierteich, entferne die abgestorbenen Teile der Wasserhyazinthen, teile diese wenn nötig oder entferne welche, wenn sie sich zu stark vermehrt haben. Alle diese Abfälle sammle ich in einem Korb und schichte sie auf den Komposthaufen. Leider dauert das kompostieren jetzt im Winter länger, weil es an der nötigen Wärme und Feuchtigkeit fehlt. So kann ich im Moment diesem armen Boden hier nicht viel zuführen und die Pflanzen sind dementsprechend etwas kümmerlich, vor allem im Gemüsegarten. Allerdings ist es nicht mehr ganz so schlimm wie im März als ich diese Stelle übernommen habe. Sich selber überlassen, hat mein Vorgänger nicht sehr viel Energie in die Verbesserung des Gartens investiert und nur das Allernötigste gemacht. Deshalb wurde er dann entlassen. Ich sollte unbedingt Mist haben, um den Boden zu verbessern, aber aus irgendeinem Grund, mag meine „Patronne“ keinen Mist im Garten. Also versuche ich, das Beste mit den Mitteln zu machen, die mir zur Verfügung stehen.

Nach der Reinigung des Gartens, kommt die Veranda der Villa dran. Mit Besen und Lappen nehme ich die Fliessen feucht auf, da wir hier sehr viel Staub haben. Ich wische die Tische ab und kontrolliere die Blumentöpfe. Wenn sie zu trocken sind, giesse ich sie, fülle Erde oder Kompost nach, entferne Unkraut. Und dann beginne ich mit den eigentlichen Gartenarbeiten: jäten, Erde lockern, auslichten, pikieren, aussäen, reife Samen sammeln, giessen, Hecke schneiden, Bäume und Kletterpflanze der Pergola auslichten und was sonst so auf 200 m2 an Arbeiten anfällt.

Manchmal muss ich auch verschiedene Erledigungen ausser Haus verrichten. Dazu gehört die Zeitung kaufen oder kleinere Besorgungen im nahen Supermarkt, auf dem Markt oder einem Eisenwarenladen machen. Bei dieser Gelegenheit erledige ich dann auch gleich die kleineren Einkäufe für mich selber. Die Grösseren wie zum Beispiel einen Sack Reis oder Holzkohle beschaffen, müssen auf meinen freien Tag am Mittwoch warten. Da ich auch für das Öffnen und Schliessen des Tores zuständig bin, wenn ein Auto kommt sowie gewährleisten muss, dass aus Sicherheitsgründen immer jemand beim Haus sein muss, kann ich das Gelände an meinen Arbeitstagen während der Arbeitszeit nur verlassen, wenn entweder die Haushaltshilfe, meine Frau oder meine „Patronne“ anwesend ist.

Je nachdem wie ich zeitlich mit meiner Organisation dran bin, beginne ich um 11 Uhr oder 11h30 mit der Zubereitung des Mittagessens. Zur Zeit essen wir zu Dritt, denn meine Frau wird demnächst mit dem zweiten Kind niederkommen und ist deshalb schon im Mutterschaftsurlaub. Sie arbeitete vorher in einem Hotel und bekam dann auch dort ihre Mahlzeit. Und die Kleine isst während der Schulzeit Mittags in der Schulkantine, aber wie ich ja schon vorhin erwähnt habe, sind jetzt Ferien. Wenn wir mit dem Essen fertig sind, ruhe ich mich etwas aus und um 13 Uhr beginne ich wieder mit der Arbeit.

Der Nachmittag verläuft in etwa gleich wie der Vormittag, ausser dass das Laub zusammenrechen, Terrasse und Teich putzen wegfällt. Das mache ich nur am Morgen. Zu meinen Aufgaben gehört auch das Auto waschen und einfachere Reparaturarbeiten erledigen. Ausserdem ernte ich Salat, Kräuter, Gemüse und Obst – was grad reif ist – für den Mittags- oder Abendtisch meiner „Patronne“. An für sich wäre das Zuviel an diesen Sachen für mich und meine Familie, aber wegen des armen Bodens gibt es zur Zeit nicht viel Überschüssiges. Ich hoffe sehr, dass sich das in den nächsten Monaten etwas ändert. Es befriedigt mich nicht besonders, dass der Gemüsegarten so kümmerlich ist.

Um 17 Uhr ist meine offizielle Arbeitszeit beendet und ich beginne um 18 Uhr das Abendessen zuzubereiten. Es hat sich so eingebürgert, dass ich die Mahlzeiten zubereite, da ich ja – ausser jetzt in der Ausnahmesituation von Ferien und Mutterschaftsurlaub – in der Regel mittags alleine esse und je nach Schicht meiner Frau am Abend nur mit unserer Tochter. Zudem bin ich sozusagen vor Ort. Wir essen, hören Musik oder schauen Fernsehen und zwischen 20 und 21 Uhr gehen wir schlafen. Wir wohnen zu Dritt in einem Zimmer, gekocht wird mit dem Fatampera vor dem Haus und wir haben eine Dusche und ein WC vis-à-vis von unserem Haus. Ich weiss noch nicht, wie es sein wird, wenn das zweite Kind da ist. Wahrscheinlich wird es zu eng sein und ich glaube, es ist besser, wenn ich mir eine Wohnung ausserhalb suche. On verra.


 

Fotostrecke: ein Tag im Leben
 

   

Laurent beim Laub zusammenrechen. Vom Rasen ist nichts zu sehen, da es in Madagaskar 'Winter' ist (also Juni bis August). Ab September -  wenn es wärmer wird – beginnt das Gras zu wachsen und sobald im November die Regenzeit einsetzt, ist alles grün.




Das Laub, wie auch die Garten- und Küchenabfälle, kommt auf den Kompost. Im Moment fällt  nicht allzu viel Material an. Viele Pflanzen haben Winterruhe, doch trotzdem grünt und blüht immer etwas.




Um den Teich zu reinigen, muss Laurent ins Wasser steigen. Hier lichtet er mit der Gartenschere den Papyrus aus. Im Vordergrund sind die Wasserhyazinthen zu sehen.




Die Veranda wird mit einem feuchten Lappen aufgenommen, nachdem sie vorher mit dem Besen gefegt wurde. Die Blumentöpfe werden dazu nicht von der Stelle bewegt. Es reicht, wenn die Fläche, wo man läuft gereinigt ist.




Der Staub von der Veranda kommt in den Korb, wo sich schon die Abfälle aus dem Teich befinden. Wie lange es der Besen wohl noch macht?




Laurent mit Frau und Tochter. Haingo wird demnächst das zweite Kind auf die Welt bringen. Die 5-jährige gleicht dem Vater und heisst auch wie er, nur in der weiblichen Form: Laurentia. Sie sind gerade von einem Spaziergang zurück gekommen.




Dies ist der Eingang zu dem Zimmer, in dem sie wohnen. Das Wohnhaus seiner Arbeitgeberin schliesst sich links an den Torbogen an. Den Antennenmast für den Fern-seher hat er selber gebastelt.




Vis-à-vis vom Zimmer der Gärtnerfamilie sind Dusche und WC: links das WC, rechts die Dusche. Es gibt nur kaltes Wasser.




Mit einem Eisenstab wird die Erde in den Blumentöpfen auf der Veranda aufgelockert. Die Gartenschere ist immer dabei, es könnte ja sein, dass man was abschneiden muss.




Eine andere Ecke der Veranda präsentiert sich mit einem Buddha. Auf dem Tisch eine Orchidee (Venusschuh) und links im Vordergrund ein Pachypodium.




Zur Auflockerung grösserer Flächen im Garten wird ein Spaten benutzt. Die Mauer grenzt das Gelände vom Nachbargrundstück ab.




So präsentiert sich der Spaten, der auf madagassisch Angady genannt wird. Es gibt ihn mit verschiedenen Schaufelblättern und er ist das Hauptarbeitsgerät im Garten und auf den Feldern.




Um die Pergola instand zu halten, muss Laurent auf die Leiter steigen. Die kahlen Bäume im Hintergrund sind Frangipani, auch Tempel-Strauch genannt. Ab September hüllen sie sich in weisse oder rosa Blüten, die einen süssen Duft verströmen.




Beim Schnitt der Hecken wird eine andere Schere benutzt. Man sieht hier sehr gut, dass in der jetzigen Jahreszeit kaum was „überschüssiges“ ab zu schneiden ist.




Der Gemüsegarten ist eingezäunt, damit die Hunde nicht hineinkönnen und ihn verwüsten. Der Kenner sieht auf den ersten Blick, weswegen Laurent nicht so ganz zufrieden ist.




Die Giesskanne wird an einem Hahn im Garten aufgefüllt. Die tropfenden Gewinde sind zum Abdichten mit Plastik um-wickelt.




Salate, Kräuter und Gemüse wie auch die Blumentöpfe werden mit der Giesskanne gewässert und der restliche Garten mit dem Schlauch. An der Wand dient ein halbes Fass dem Rosmarin als „Topf“.




Der Gärtner erntet Basilikum für den Mittagstisch seiner „Patronne“. Die Rapspflanzen sind bereits in Blüte. Die Blätter werden als Gemüse gegessen.




Dieses Bild bietet sich, nachdem man durch das Hauptportal das Gelände betritt. Und man erinnere sich: es ist Winter ! 
Die Fotos entstanden im Juni (also Südwinter) in der Region der Hauptstadt Antananarivo, also auf 1200 m ü. M.




Laurent RAKOTOARISOA


Die Serie' Ein Tag im Leben' beschreibt den Alltag von Menschen in Madagaskar. Möglichst nahe, möglichst konkret.  
Während Ihres Besuches in Madagaskar können Sie diese Person gern persönlich kennen lernen.


 
 
  
 
 
 

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