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PRIORI, das Reisebüro für und in Madagaskar

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Madagaskar, das PRIORI-Buch

Franz Stadelmann

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Madagaskar: Symbiose zwischen Gestern und Heute

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Meteorologie und Klima

Wie ein Gürtel durchläuft der Wendekreis des Steinbocks die Insel Madagaskar, über dem die Sonne am 21. Dezember des Jahres senkrecht steht. Durch die gestaute Hitze und den fast senkrechten Sonnenwinkel gilt der Januar als heisseste Zeit in ganz Madagaskar, während der Juli der kälteste Monat ist. Generalisiert herrscht eine winterliche Trockenzeit (Südwinter) von Mai bis Oktober und eine sommerliche Regenzeit (Südsommer) von November bis April.

Madagaskar kennt allerdings eine grosse Anzahl an verschiedenen Klimaregionen mit verschiedenen Variationen. Doch die jährlichen Mittelwerte liegen überall - ausser in den Hochgebirgen - über 15° Celsius.

Madagaskar liegt im Einflussbereich der südöstlichen Passatwinde, die während des ganzen Jahres vom Indischen Ozean herwehen und reichlich Niederschläge bringen. So ergibt sich eine Zone im Wind (Osten) und eine Zone im Windschatten der Berge (Westen). Diese Luftströmungen des Südostpassats beeinflussen das lokale Klima und die Niederschläge einer Region, das aber noch entscheidender von der jeweiligen Höhenlage bestimmt wird. Die Berggebiete im Nordosten erhalten am meisten Regen, die Tiefländer im Südwesten am wenigsten.

Die Region im Wind, also die Ostküste, unterliegt von Sambava bis Fort-Dauphin gleichen Klimafaktoren. Der Osthimmel ist fast immer von tiefliegenden Wolkenbergen behangen. Das tropische Klima kennt das ganze Jahr hindurch etwa gleichmässig hohe Temperaturen von rund 20° Celsius (Jahresmittel) und weist eine hohe Luftfeuchtigkeit auf. Die Passatwinde sind das ganze Jahr aktiv und prallen mit ihrer Humidität vom Indischen Ozean her auf die Küste. Die Niederschläge betragen im Durchschnitt 1500 bis 3000 mm pro Jahr, machen aber in einigen Zonen bis zu 3500 mm und gebietsweise sogar wesentlich mehr aus. Dies gilt für die ganze Ostküste von Vohémar bis nach Fort-Dauphin, obwohl die Regenfälle von Nord nach Süd abnehmen, wie die mittlere Temperatur ebenfalls. Die Regen sind fast gleichmässig auf das ganze Jahr verteilt ohne Unterbrechung durch eine klar abgegrenzte Trockenzeit. Die Durchschnittstemperatur von Diégo-Suarez beträgt 27°; der 1250 Kilometer näher an der Antarktis gelegene Ort Fort-Dauphin ist mit 23° nur wenig kälter.

In Tamatave fallen während 239 Tagen im Jahr um die drei Meter Regen, die Durchschnittstemperatur liegt bei 24° bei stetig hoher Luftfeuchtigkeit. Die unweit davon gelegenen Regionen von Ste. Marie und Antongil erhalten über 3,5 m Regen (Ste. Marie 3612 mm/Jahr). Die hohen Regenfälle, die höchsten in Madagaskar, von Ste. Marie, Maroantsetra und der Halbinsel Masoala erklären sich durch die Küstennähe des Gebirgszuges von Mandritsara und die südlichen Ausläufer des Tsaratanana, die wie Wolkenfänger wirken und die Wolken zum abregnen veranlassen. Die Höhe des Küstengebirges wirkt sich somit direkt auf die Niederschläge an den Küsten aus. So erhält der Ostküstenort Farafangana mit 2433 mm/Jahr relativ wenig Regen, weil mit der Schwelle von Ihosy ein Wolkendurchgang zum Hochland besteht.

Die feuchten Passatwinde steigen von der Ostküste in Richtung Hochland auf, kühlen sich ab und erreichen einen starken Sättigungsgrad, der zu häufigen Nieselregen und Nebelbildungen führt, wie dies beispielsweise in der Region um den Lac Mantasoa häufig zu beobachten ist.

Der Passatwind wird durch die Gebirge des Nordens umgelenkt und bringt mit rund 2000 mm/Jahr auch der Westküste (Nosy Be und Sambirano) relativ viele Niederschläge. Diese Gebiete bilden somit klimatische Inseln im sonst trockenen Nordwesten, doch auch sie unterliegen - wie die Westküste - einer Trockenperiode von rund 4 Monaten im Jahr. 

Das Hochlandklima charakterisiert sich durch klar abgegrenzte Regenzeiten und kalte Trockenmonate. Diese Klimazone dehnt sich fast über den ganzen Rücken Madagaskars aus, vom Montagne d'Ambre bis in den Süden zum Isalo-Gebirge.

Entscheidend ist auch hier die Höhenlage des jeweiligen Ortes. Die Jahresmitteltemperatur nimmt entsprechend der grösseren Höhenlage ab. Im Durchschnitt liegt sie bei 17° bis 20° Celsius.

Das Hochland erhält noch immer beträchtliche Niederschläge, die um die 1000 bis 1500 mm im Jahr liegen und an einigen Orten gar mehr sein können. Doch die Verteilung der Regenfälle aufs Jahr ist ungleichmässig. Die Regen fallen während des Südsommers von November bis April, wenn Madagaskar unter einem generellen Tiefdruckgebiet liegt.

Antananarivo beispielsweise erhält 1,38 m Regen im Jahr, 92% davon zwischen November und April. Die mittlere Temperatur der auf rund 1200 müM gelegenen Hauptstadt liegt um 18°. In der nördlichen Hafenstadt Diégo-Suarez fallen mehr als 1 m Regen im Jahr. In der Betsileostadt Ambositra sind es 1529 mm, während am Südende des Hochplateaus in Ihosy nur noch 842 mm fallen.

Während mehr als fünf Monaten herrscht auf dem Hochplateau eine Trockenzeit mit staubaufwirbelnden Winden und verdorrten Grassteppen. Dies ist gleichzeitig die kalte Jahreszeit, die im Juni beginnt und mit einer wärmeren Sonne gegen Ende September endet. Im Juli und August liegt auf dem Hochland zuweilen ein dichter Morgennebel. Ausserdem fällt im August ein kalter Nieselregen, von den Madagassen 'ny erika' genannt. Niedere Temperaturen - bis zu minus 15° - werden während der Kältezeit nachts in Höhenlagen von mehr als 1500 m erreicht. Es kann gar zu Reifbildung kommen. Der Südwinter unterliegt dem Einfluss des Rossbreitenhochs über dem Indischen Ozean.

Schnee fällt äusserst selten und wenn, dann nur in sehr hohen Lagen. Während 25 Beobachtungsjahren im Andringitra (Pic Boby: 2658 müM) fiel nur dreimal Schnee.

Die Westküste hingegen kennt so gut wie das ganze Jahr über nur Sonnenschein und Wärme. Zudem ist der Westhimmel fast immer wolkenfrei. Die Passatwinde ziehen abgeregnet und ausgetrocknet aus dem Osten über die Berge des Hochplateaus als Fallwinde nach Westen und werden umso trockener und heisser, je weiter sie nach Westen und Südwesten kommen. Dieser Föhneffekt wirkt sich insbesonders in den ohnehin heissen und ausgetrockneten Tieftälern von Maevatanana (27°) und Miandrivazo (27°) aus. Im heissen Südsommer allerdings bringt der Passatwind noch genügend Feuchtigkeit auf das Hochland, um auch gegen Westen hin noch Regen und Gewitter zu verursachen.

Die Regenfälle liegen zwischen 500 bis 1500 mm/Jahr, die Jahresmitteltemperatur der Westküste beträgt um die 25° Celsius. Zwischen Mai und Oktober herrscht eine fast totale Trockenheit.

Während des Südsommers von November bis März bringen Wolken aus dem Kanal von Mozambique etwas Regen aus dem Westen. Über dieser generell sehr warmen Meeresfläche liegt praktisch das ganze Jahr über ein Tiefdruckgebiet, in das die trockene Luft des Hochlandes einfliesst. Doch mit der Mittagshitze des Südsommers wechselt der Wind und kommt oft orkanartig vom Meer her ins Landesinnere, nachmittags begleitet von heftigen Gewittern. Dieses Phänomen ist insbesonders im Menabe zu beobachten.

Im Nordwesten wirkt jedoch während des Südsommers der Monsun als dominanter Wetterfaktor und Regenbringer. Insbesonders der Region Boina im Nordwesten beschert er reichliche Regenfälle - nicht aber Diégo-Suarez. Gegen Süden hin nimmt der Einfluss des aus Nordwesten wehenden Monsuns ab. So erhält Mahajanga 1660 mm Regen, Morondava nur noch 720 mm.

Die Regenzeit dauert an der Westküste 3 bis 5 Monate im Jahr, weisst aber trotz der 'kalten' Jahreszeit hohe Temperaturen auf, die Mittagssonne aus dem Norden (Südhemisphäre) vermag allemal, einen tüchtigen Sonnenbrand auf die Haut zu brennen. Die Trockenzeit lässt die Tagestemperaturen bis zu 40° und mehr steigen. Nachts kühlt es nur unmerklich ab. Die Hitze an der Westküste ist weit grösser als im Osten. Die durchschnittliche Temperatur von Mahajanga beträgt 26,6°. Maevatanana (zwischen Antananarivo und Mahajanga) weisst mit 27,4° die höchsten Temperaturen der Insel auf, bedingt durch den Föhneffekt der Hochlandwinde.

Im trockenen Süden der Insel hat der Monsun keinen Einfluss mehr. Die Luftmassen fallen ausgeregnet vom Hochland hinunter. In der Region des Wendekreises des Steinbocks nördlich von Tulear fallen 400 bis 500 mm Regen pro Jahr, diese geringe Menge nimmt gegen Süden nochmals stark ab. Der - unregelmässige - Regen wird von Südwinden in heftigen Gewittern hergetragen. So können das ganze Jahr hindurch Niederschläge fallen, die jedoch sehr unvorhersehbar sind und oft nur gerade als lokal eng begrenzte Gewitter auftreten. Im Prinzip fallen die - heftigen - Kurzregen im Dezember und Januar. Ein theoretisches Maximum an Niederschlägen wird im Januar erreicht. Das rare Wasser versickert jedoch sofort im Sand oder strömt in schnell ansteigenden, reissenden Bächen weg. Daher sind die Flüsse des Südens während Monaten trocken und füllen sich nur tageweise nach Lokalregen. Die Halbwüste von Tulear bis Fort-Dauphin muss mit 350 mm Regen (Tulear) und 600 mm (Ambovombe) auskommen. In Anakao fällt am wenigsten Regen von ganz Madagaskar: 310 mm/Jahr.

Die mittlere Jahrestemperatur liegt bei 26° Celsius und kennt kaum saisonale Schwankungen. Doch die Tageshitze kann weit mehr als 40° betragen, insbesonders in der spärlich bewachsenen Kalkebene des Plateaus von Mahafaly. Etwas Kühlung verschafft an der Küste der zuweilen sehr heftig wehende Südwind, der die Bäume der Region in Windrichtung umgebogen und flachgebogen hat.

Fort-Dauphin liegt gerade noch im Einflussbereich des Ostküstenklimas, und gleicht mit seinem temperierten Klima und den häufigen Regen den nördlichen Regionen von Sambirano und Nosy Be. Westlich von Fort-Dauphin findet sich eine klimatische Kuriosität: innerhalb von 50 km nimmt die Regenmenge in der Region von Fort-Dauphin (1529 mm/Jahr) um das dreifache auf 533 mm/Jahr (Behara) ab. Diese Kontaktzone klimatischer Extreme findet ihren Niederschlag auch in der Pflanzenwelt: der grünsatte Tropenwuchs geht urplötzlich in Dornbusch über.

Die wohl grösste Naturbürde Madagaskars sind die Zyklone, die sich jedes Jahr zwischen Januar und April im Indischen Ozean bilden, seltener im Kanal von Mozambique. Betroffen sind vor allem die Ostküste und der Norden. Ein Zyklon kündet sich durch eine bedrückende Ruhe und einen drastischen Sturz der Temperatur an. Der Verlauf eines Zyklons ist nie vorhersehbar. Während die harmloseren Wirbelwinde an Kraft abnehmen und sich im Meer verlieren, wandern die kraftvolleren Zyklone mit 100 bis 200 und mehr Stundenkilometern voran, irren in bizarren Bögen auf dem Meer herum oder prallen mit Wucht auf die Landmasse. Die Ostseite Madagaskars von Mananjary bis nach Sambava ist dabei besonders exponiert: sie muss den Frontalschlag auffangen und ist danach von der tangentialen Bewegung noch einmal betroffen. Denn die Zyklone wenden sich bei Landkontakt meist nach Norden, queren die Insel und rasen - sofern sie ihren Schwung nicht verloren haben - der Westküste nach hinunter. Das Hochland und der Süden sind von diesen Naturgewalten weniger betroffen, nur selten verirrt sich ein Zyklon auf das Hochland oder gar in den Süden. Ein Küstenzyklon bewirkt jedoch heftige Regenfälle auf dem Hochland und zuweilen auch im Süden.

Die Madagassen kennen die Namen der verheerenden Zyklone noch nach Jahren und Jahrzehnten. So raste der Zyklon Kamisy am 9. April 1984 über den Norden Madagaskars und verursachte 68 Tote und Tausende von Verletzten. Er hinterliess eine Spur von eingefallenen Häusern und geknickten Brücken, von überschwemmten Reisfeldern und geborstenen Kanälen.

Ein Zyklon kann die Jahresregenfälle einer Region verdoppeln oder gar verdreifachen. Zyklone können den Unterschied zwischen satt und hungrig machen. Mehrere Zyklone von 1982 ruinierten derart viele Reisfelder, dass der teure Import von rund 350’000 Tonnen Reis nötig wurde. 1984 zerstörten vier Zyklone 40’000 Hektaren Reisfelder. Im März 1986 verwüstete ein Zyklon Tamatave. 1990 wurden Kaffeeplantagen und Reisfelder im Südosten vernichtet. Mitte Februar 1991 raste der Zyklon Cynthia über Boina und den Menabe hinweg, die nachfolgende Wasserflut tötete Menschen und Vieh, riss Häuser weg und zerfrass Bewässerungsanlagen, setzte Dörfer und Ackerland unter meterhohe Wellen. In Maevatanana, Mahabo, Morondava, Ambato-Boeny überflutete er 11’000 Hektaren Reisfelder, unterbrach Strassen und demolierte Brücken. Die Folge waren nicht nur Obdachlose und die Gefahr von Seuchen, sondern eine drohende Hungersnot und kaltblütige Reisspekulationen durch schnelle Profiteure. Insbesonders im Menabe waren die Folgen verheerend, die Region hatte sich noch kaum von den Zerstörungen des vorgängigen Zyklons Calasanjy erholt. Schon zehn Tage nach Cynthia formierte sich der Zyklon Debra im Kanal von Mozambique und trudelte mit nur 15 Stundenkilometer Richtung Tulear. Er verursachte Angst und Panik, verlor jedoch seine Kraft mit dem Landkontakt. Wenige Tage später formierte sich 400 km östlich von Tamatave der Zyklon Elma. Insbesonders der Monat Februar 1993 brachte eine Vielzahl an Zyklonen, unter anderem Desilia, dessen Wasser die Asphaltstrasse zwischen Morondava und Mahabo (RN 35) auf über 600 Metern wegfrass. Oder später Hutelle, der den Strassenverkehr zwischen Tamatave und Antananarivo infolge Überschwemmungen während Tagen lahm legte.

Die Saison beginnt jeweils im November und endet normalerweise im April. Die Namen der Zyklone werden alphabetisch von den betroffenen Inselrepubliken im Indischen Ozean gegeben, der erste Zyklon der Saison erhält jeweils einen Namen mit dem Buchstaben A. 1991 war die Tour an den Seychellen, diesen allmächtigen Urgewalten hübsche Namen wie beispielsweise Cynthia zu geben.

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Der Ethnologe Franz Stadelmann kam 1988 als Entwicklungshelfer nach Madagaskar. 1994 gründete er das madagassische Reisebüro PRIORI in Antananarivo. PRIORI organisiert Reisen mit mehr Hintergrund und tieferen Einblicken in die Licht und Schatten dieser Insel im Indischen Ozean. 'Sanftes Reisen' soll den BesucherInnen als auch den Besuchten gegenseitiges Verständnis erwecken. PRIORI engagiert sich auch sehr im sozialen und kulturellen Leben Madagaskars. PRIORI steht für Ihre Reisepläne gern zur Verfügung - auch in deutscher Sprache.

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